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Acht blättriger Lotos

Weg der Meditation

Dhyana Yoga Symbol

In der Einleitung zur Bhagavad Gita spricht Sri Krishna (Gott):

"Oh Arjuna, Sohn Kuntis. Ich will nicht, dass du an mich glaubst, ich will, dass du mich kennst!"

Diese Aussage hat mein Verständnis und meine Einstellung zu Spiritualität und Religion radikal verändert. Gott selbst stellt sich hin und warnt uns davor, in blinder Akzeptanz, irgendwelchen unfundierten, pseudoesoterischen Glaubenskonstrukten zu folgen. Er fordert uns auf, Herz und Gehirn einzuschalten und in einer wissenschaftlichen Herangehensweise, alles auf seine Echtheit, Beweisbarkeit und Reproduzierbarkeit hin zu überprüfen.

Die Veden, die uralten Weisheitsschriften Indiens, bilden die wohl älteste und gleichzeitig fundierteste theoretische Grundlage dieser Wissenschaft. Sanatana Dharma und Yoga bilden zusammen die praktische Erfahrungsebene, um diese Theorien auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Es war mein Wunsch, bevor ich hier Geburt nahm, die karmische Last meiner früheren Inkarnationen, durch die Entwicklung spirituellen Bewusstseins und liebevollen Dienst (Bhakti) zu transzendieren. Dieser Wunsch wurde mir gewährt. Der acht blättrige Lotos, so wie ich ihn hier angedeutet präsentieren darf, bildet die Essenz meiner jahrelangen Praxis.

 

In so vielen, oft auch schmerzvollen Herausforderungen, werde ich bis zum heutigen Tag, streng und doch liebevoll von meinen Guruji und ihren Helfern in der geistigen Welt ausgebildet, geprüft und in immer tiefere Geheimnisse des acht blättrigen Lotos eingeweiht.

 

Die Aufforderung an mich ist dabei klar und unmissverständlich. Ich soll den Lotos verstehen, seine Qualitäten verkörpern und ihn im Bewusstsein all jener reaktivieren, die zu mir geführt werden. Er ist aus bedingungsloser Liebe entstanden und trägt in sich das Blut, die Tränen und das Wissen unzähliger Seelen, die lange vor uns den Weg nach Hause auf sich genommen haben und uns in ihrer Güte, ihr ganzes Wissen darüber zukommen lassen.

Wie könnte ich dieser Verantwortung entsagen?

Welch ein Geschenk, was für eine Ehre!

Lotusblüte im Wasser
Schriftzug Sanskrit - Maitri

Maitri

Maitri bedeutet die Kultivierung von Ehrlichkeit, Freundlichkeit und Herzensgüte. Es bildet die Basis eines spirituellen und religiösen Lebens und das Fundament aller nachfolgenden Qualitäten.

 

Dabei geht es nicht um die gesellschaftlich oberflächliche Freundlichkeit und Netiquette. Maitri meint, allen Lebewesen, einschliesslich sich selbst, allen Umständen und allen Herausforderungen des Lebens, mit Freundlichkeit, Wohlwollen, Gleichmut, Liebe und Wahrhaftigkeit zu begegnen.

 

Maitri entspringt dem Herzen. Es ist eine innere Ausrichtung, eine Zusage und ein Vertrauen, in die Göttlichkeit des Lebens. Es ist das bestimmte innere Gefühl, welches keiner spekulativen Erklärung bedarf, dass unsere Existenz von Liebe getragen ist und alles, was uns widerfährt, einen tieferen Sinn hat und zu unserem höchsten Wohl geschieht.

Schriftzug Sanskrit - Tapas

Tapas

Tapas bedeutet Disziplin und meint eine Art heilige Absicht, die im Geist auf der Vorlage von Maitri geformt wird. Es ist ein feierliches Gelübde, durchdrungen von der Entschlossenheit, unseren Willen zu bündeln und uns auf die höchste allumfassenden göttliche Realität zu fokussieren.

Tapas bedeutet aber auch Entsagung oder Unterlassung. Denn um die höchste göttliche Realität zu verwirklichen, müssen wir alle Handlungen, Worte, Gedanken, Gefühle und Emotionen loslassen, die unsere Absicht, das höchste Ziel zu erreichen, ausbremsen oder gar verhindern.

Tapas erfordert einen eisernen Willen und erschafft unsagbare Qualen, wenn es ohne Maitri praktiziert wird. Ohne Maitri ist Tapas nicht mehr als reine Selbstkasteiung. Ein Selbstbetrug, wo wir uns einreden, bereit zu sein, etwas loszulassen, ohne es wirklich so zu meinen. Das kann nur in Schmerzen enden.

 

Echte Entsagung, echtes Loslassen kann nur in Liebe geschehen. Wenn wir in etwas verliebt sind, dann können wir gar nicht anders, als all unsere Sinne und Handlungen darauf auszurichten. Alles andere fällt automatisch von uns ab. Das ist die wahre Bedeutung von Tapas. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, worin wir verliebt sind?

Schriftzug Sanskrit - Asana

Asana

 Asana bedeutet weitaus mehr, als die ausgefallenen Yogastellungen, die den Bewegungsapparat verbessern, den Körper straffen, die Flexibilität erhöhen und das Gewicht reduzieren. Im ursprünglichen Sinn, bedeutet Asana setzen, platzieren, ausrichten und beschreibt die rechte Art der inneren und äusseren Haltung.

 

Egal in welchem Umfeld, egal in welcher Situation, egal in welcher Herausforderung, egal ob statisch oder in Bewegung, wir sollen lernen, Körper, Geist, Ego und Intellekt so zu platzieren und auszurichten, dass die spirituelle Lebensenergie (Prana) ungehindert in uns fliessen und unser spirituelles Bewusstsein sich entfalten kann.

 

Durch richtiges Asana verläuft unsere spirituelle Entwicklung sehr mit viel weniger Reibung. Tapas wird weitaus angenehmer und unsere göttlichen Qualitäten manifestieren sich sehr viel entspannter und natürlicher. So verwandeln wir uns allmählich zu einem lebendigen Tempel des göttlichen Bewusstseins. 

Schriftzug Sanskrit - Pranayama

Pranayama

Der Begriff Pranayama setzt sich zusammen aus Prana (Lebensenergie) und Ayama (Kontrolle) und bezieht sich auf Methoden zur bewussten Steuerung der Lebensenergie. Hierbei geht es um sehr viel mehr als ein Set von Atemübungen. Pranayama bedeutet in Eigenverantwortung, alle Handlungen zu kontrollieren, mit denen wir uns entweder Prana zufügen oder uns davon berauben.

 

Wenn es uns nicht gut geht, wenn wir uns festgefahren, deprimiert oder antriebslos fühlen, haben wir zu wenig Prana in Körper und Geist. Der Grund dafür ist, dass dieses von etwas verdrängt, bzw. aufgefressen wird. Etwas, das dort nicht hineingehört, etwas, das wir am einfachsten mit Müll bezeichnen. Müll, der sich durch egoistisches, ignorantes Fehlverhalten gegenüber unserer wahren Natur in uns manifestiert hat.

 

Richtig angewendet, befreit uns Pranayama körperlich, mental und emotional von diesem Müll und ermöglicht es uns, mit Vitalität, Freude und Gelassenheit spirituell zu wachsen und höhere Schwingungs- und Bewusstseinsebenen zu erreichen. Die zuvor beschriebenen Asanas können diesbezüglich verstanden werden, wie das ausbeulen und richten eines verbogenen Rohres, Pranayama als das Ausspülen von allem, was sich darin festgesetzt hat.

Schriftzug Sanskrit - Nyasa

Nyasa

Nyasa beschreibt eine Vielzahl von Methoden, die am einfachsten mit einladen, platzieren, einfügen übersetzt werden. Auf gewisse Weise bildet Nyasa die Kernpraxis des acht blättrigen Lotus, jedenfalls ab dem Zeitpunkt, wo wir eine gewisse Reife und Meisterschaft über die vier vorangehenden Prinzipien erlangt haben.

 

Spätestens jetzt, entsteht tiefe Einsicht darüber, wozu die vier vorangehenden Prinzipien hauptsächlich praktiziert werden. Sie dienen als Vorbereitung für unser Gefäss (Körper, Geist, Ego, Intellekt), um die heilige Kommunion mit Gott zu empfangen. Genau wie wir uns selbst und unser Heim auch vorher schön machen, wenn wir liebe Freunde zu uns einladen. Wir wollen, dass sie sich bei uns wohl fühlen und gerne bleiben.

 

Das ist die Bedeutung von Nyasa, eine Einladung an Gott, er möge einziehen in seinen Tempel, den wir so lange liebevoll vorbereitet haben. Diese heilige Zeremonie, diese Einladung, bedeutet für jeden Sadhaka oder Sadhika etwas anderes, denn Gott hat mit jedem von uns eine einzigartige Beziehung. Nyasa bedeutet das Eintauchen, Erforschen und Zelebrieren deiner einzigartigen Liebesgeschichte mit Gott.

Schriftzug Sanskrit - Dharana

Dharana

Dharana bedeutet Konzentration. Es ist die Fähigkeit, den Geist zu fokussieren und die Konzentration auf einen einzigen Punkt zu halten. In echtem Dharana hören das Körperbewusstsein und alle unruhigen Gedanken auf, sodass wir uns ohne Ablenkung auf das Objekt unserer Meditation konzentrieren können. In Dharana fokussieren wir unsere Aufmerksamkeit auf Gott, so wie er sich uns offenbart, wenn er unsere Einladung (Nyasa) annimmt. 

Dharana ist unsere Liebeserklärung, die Fähigkeit unser Leben, unser ganzes Denken, Fühlen und Handeln in liebevoller Hingabe Gott zu weihen, ihn zu bestaunen, zu bewundern und zu verehren, in all seinen unzähligen und wundervollen Aspekten, in denen er sich für uns manifestiert.

 

Sei es im Gesang eines Vogels, im von Sonnenlicht durchfluteten Nadelwald, im süssen Geruch einer duftenden Blume, in der klärenden Einsicht, wie sie in einem Gespräch mit einer liebevollen Person entstehen kann, beim Studium heiliger Schriften oder in der tiefen meditativen Einkehr eines Gebets. Es geht nicht darum wie man Gott erkennt, sondern dass man ihn erkennt und ihm dann seine ganze Liebe und Aufmerksamkeit widmet. Das ist die Essenz von Dharana.

 

Die Qualität von Dharana wächst gleichsam, mit der Fähigkeit zu lieben. Ohne Liebe können wir den Geist nicht bündeln und ununterbrochen auf Gott richten. Solange wir keine Liebe und Hingabe (Bhakti) zu Gott entwickelt haben, fehlt uns jegliches Interesse bei ihm zu verweilen und Dharana wird zu einer Qual, einer Selbstkasteiung und wir landen wieder am Anfang unserer Reise, bei Maitri und Tapas.

Schriftzug Sanskrit - Dhyana

Dhyana

Dann, irgendwann, geschieht das Wunder von Dhyana. Geschehen deshalb, weil Dhyana nicht gemacht werden kann, Dhyana ist ein Bewusstseinszustand tiefer Meditation und Kontemplation, keine Handlung.

 

Meditation ist das Eintauchen in das tiefere Geheimnis eines göttlichen Aspektes, der sich uns in Dharana offenbart. Es ist das absichtslose Durchdringen der oberflächlichen Erscheinung, das Eintauchen und Erforschen seiner tiefer liegenden Bereiche, die sich in Dharana noch vor uns verbergen, jedoch nur durch diese ungeteilte Bewunderung offenbart werden können. Kontemplation ist das Verschmelzen, das Verinnerlichen, das Eins werden mit diesen tieferliegenden Wahrheiten, bis wir vollkommen von ihnen erfüllt und durchdrungen sind.

Dhyana ist grundsätzlich sehr leicht erfahrbar, denn es ist der natürliche Zustand des Selbst, dem Bewusstsein unserer Seele. Was diesen natürlichen Zustand jedoch immer wieder unterbricht oder verhindert, ist die Unreife der Seele, dem Ego beizubringen, dass es kein Herrscher, sondern ein Diener ist. Wenn man sein Unterbewusstsein nicht ausmistet und all die Schatten vertreibt, die sich von Gott abwenden.

Zu Beginn, wenn wir noch sehr enthusiastisch, mit feurigem Herzen, reinem Willen und ohne Vorurteile in die Praxis gehen, stellen sich rasch die ersten Erfahrungen von Dhyana ein. Für den Augenblick der Begeisterung über das Neue, das Fremde, über das Abenteuer, vergisst man sehr leicht die Identifikation mit seinen weltlichen Prägungen. Für einen Moment scheint es so, als könnte nichts je wieder diesen natürlichen Zustand des Selbst stören.

 

Diese Momente bezeichne ich gerne als die Gnade Gottes, wo uns Einblick in eine grössere Realität gewährt wird, die alles bisher gekannte transzendiert. Es ist eine heilige Einweihung, wo Gott uns liebevoll fragt: "Und, gefällt dir, was ich dir zeige? Möchtest du mehr? Willst du mich wirklich kennen lernen, mit mir zusammen sein und bei mir bleiben? Wenn ja, dann weisst du jetzt, wie und wo du mich findest!"

 

Puff!

 

Mit dieser Aussage ist Dhyana für den Anfänger auch schon Geschichte und das Ego übernimmt wieder die gewohnte Kontrolle. Es hat genug von der kleinen Auszeit der Seele und in seinen altbekannten Terror, spannt es sein Pferd vor den Wagen, knallt mit der Peitsche und ruft: "Hü du alter Gaul, mach das du vorwärtskommst, wo wir hingehen, das bestimme hier immer noch ich!"

Dhyana ist unser Geburtsrecht, doch wir müssen es einfordern!

Schriftzug Sanskrit - Samadhi

Samadhi

Samadhi (Versenkung, Sammlung) ist der höchste Bewusstseinszustand, der uns im menschlichen Leben zuteilwerden kann. Es ist das Ziel unserer spirituellen Reise auf Erden, die glückselige Rückkehr zu unserer göttlichen Natur (Atman), von der wir uns einst abgewandt haben, um das Spiel der Inkarnationen zu spielen.

In Samadhi gibt keine bedingte Individualität mehr, so wie wir sie aus der Bewusstseinsebene des Ego erfahren. Die Welt dreht sich unbeeindruckt weiter und auch unsere Individualität bleibt weiter bestehen. Jedoch sind wir nicht mehr den bisherigen Bedingungen von das ist meins und das ist deins, dies hier will ich und das andere nicht, dies ist richtig und jenes ist falsch unterworfen.

 

Jemand, der sein Bewusstsein in Samadhi ankert, lebt von aussen betrachtet oft ganz normal weiter. Daher können Menschen, die kein Bewusstsein dafür entwickelt haben, niemals erkennen, ob sie so eine befreite Seele vor sich haben, selbst dann nicht, wenn diese direkt vor ihrer Nase steht.

 

In Samadhi erfahren wir die Dualität nicht mehr als Gegensätze, die sich bekämpfen müssen, sondern als polare Einheit. Ein Yin und ein Yang, die sich wechselseitig bedingen, sich in einem harmonischen, kosmischen Tanz unaufhörlich hervorbringen und wieder verschlingen. Zwei Pole, die dem Anschein nach immer voneinander getrennt sind und doch in Wahrheit zusammen eine hochintelligente, übergeordnete und alles durchdringende Einheit bilden.

 

Es ist genau diese allumfassende Einheit, dieser lebendige Urgrund der Schöpfung, diese bedingungslos liebende Intelligenz, diese unendliche und unsterbliche Schönheit, aus der wir geworden sind und die ich Gott nenne, mit der wir uns in Dhyana Yoga wieder befreunden und rückverbinden können.

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